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Gedichte und Geschichten zu Thüringer Klößen

Die Geschichte der Hütes - Lied (Auszüge) vom Hütes

„…Ihr Leute lasst das Klagen sein. Und jammert nicht um euren Wein. Der ist auf allezeit dahin, allein es ist nicht Schad‘ um ihn. Was Besseres weiss ich zu geben. Da nehmt und pflanzt das statt der Reben.“ Und aus der Schürze zog Frau Holle die mehlige Kartoffelknolle. Und segnete mit ihrer Hand die Ackerschollen und verschwand.

Wo sonst der Winzer heiss sich mühte und Wein von zweifelhafter Güte, Entstieg den braunen Furchen bald Grün ein Kartoffelkräuterwald. Mit starken Armen schwang im Acker die Waffe der Kartoffelhacker, sein Antlitz freudig war verklärt, wenn er die Säcke fruchtbeschwert. Am Abend durch die kühle Flur auf seinem Schubkarn heimwärts fuhr. Und wenn nach Sonnenuntergang vom Stadtkirchthurm die Glocke klang, stieg aus den Schlöten in die Luft ein zarter, bläulichgrauer Duft, woraus der Kenner schließen mochte, dass man am Herd Kartoffeln kochte. Mit hoher Freude sah Frau Holle den Segen der Kartoffelknolle, wenn sie mit leisem Geistertritt unsichtbar durch die Häuser schritt. Sie sah, wie sich die Hausfrau mühte, die Erdfrucht röstete und brühte. Wie sie in Butter und in Schmalz, mit Kümmel oder scharfem Salz, mitunter auch durch einen Harung gab Würze der Kartoffelnahrung. Das alles sah Frau Holle an und hatte ihre Freude dran.

Und dennoch dachte sie bei sich: „Ihr armen Leute dauert mich. Noch habt ihr leider nicht entdeckt, was hinter der Kartoffel steckt, und was die kund’ge Hand für Werke man schaffen kann aus Kartoffelstärke.“ So sprach Frau Holle uns alsbald ging sie in Küchenmagdgestalt bescheiden durch das Schlundhaustor und stellte sich dem Schlundwirt vor, der schmunzelnd auf die Köchin blickte und flugs sie in die Küche schickte. Da stand sie nun in weißer Schürze und klapperte mit Topf und Stürze und ließ den Wirt und seine Frauen ein seltsam Küchenkunststück schauen. Der Bürgermeister … verfolgend die Gerüche, kam der gestrenge in die Küche, am Herde fand er stehn Frau Holle. Und der geschwärzten Casserolle, entstieg soeben riesengroß ein dampfender Kartoffelkloß. Die Göttin aber, lichtumflossen, von rotem Schimmer übergossen nach Art der überird’schen Geister, stand blendend vor dem Bürgermeister. Und sprach: „Nun hab‘ ich euch gelehrt, wie man die Frucht die ich beschert, den Apfel aus der Erde Schoße gestaltet zum Kartoffelkloße. Wie man das Mark zerquetscht geschickt und wie man’s rundet, wie man’s spickt mit Bröcklein zart gebräunter Wecken. Langt fröhlich zu und lasst’s euch schmecken. Du aber, Haupt des Magistrates, du leuchtend Licht des weißen Rathes, du Sohn uralten Stadtgeblühtes, hier hast du das Receptum. Hüt‘ es!“ Frau Holle sprach’s, da war sie fort, ihr Werk, der Kloß, blieb aber dort….“

Text nach der Ausgabe „Krug und Tintenfass“ Verlag Liebeskind, Leipzig 1887

Ein Dichter über Thüringer Klöße

Es spricht wahrhaftig für Thüringen, dass ein leibhaftiger Dichter wie Rudolf Hagelstange (1912-1987) sich sachkundig über das heimische Leib- und Magengericht zu äußern weiß.

„Denn was sich da auf vielen Speisekarten als Thüringer Klöße aufspielt, könnte einen echten zum Erröten bringen. …Thüringer Klöße müssen konsistent sein, aber bei Leibe nicht zu fest. Es bekommt ihnen gut, wenn man etwas geröstetes Brot in den Kloßkern steckt. Sie dürfen nicht zu schleimig sein und was ihre Farbe betrifft, so steht ihnen ein zartester Hauch Grün – aber der denkbar zarteste Hauch! – vorzüglich. Dieses kaum als Grün zu bezeichnende Grün schlägt gewissermaßen von innen nach außen durch – es verbürgt, dass die Klöße aus rohen Kartoffeln gemacht sind. Es unterspielt das Weißgrau des Gesamtballes. Und was den Geschmack betrifft, so steht für den Kenner fest, dass es unmöglich ist, sich an Thüringer Klößen nicht zu überessen, wenn es wirklich Thüringer Klöße sind. Sie müssen zur Unmäßigkeit verführen. Man darf ihrem Reiz, ihrer Lockung nicht widerstehen können. Erst hernach muss einem bewußt werden, dass man zuviel, dass heißt nicht über den Appetit, aber über den Bedarf gegessen hat. Es ist lange her, dass ich Thüringer Klöße echter Art gegessen habe. Es bedarf dazu nämlich nicht allein einer gewissen Leidenschaft – es bedarf vor allem der leidenschaftlichen Köchin. Dieses Beigericht kostet viel Mühe, viel Zeit. Wer hat sie noch, wer bringt sie noch auf?

Wem läuft nicht bei dieser Beschreibung das Wasser im Munde zusammen? Ein Loblied auf den Thüringer Kloß.

Suhler Hüteslied

Off’n Sonntig gitts Hütes mit Flaisch on mit Brüh,

uehe Hütes kai Sonntich, doa gätt halt niß drü.

Die Hütes senn rondlich, mit Weckbröckle denn,

is die Frau net ganz reilich, koann mer e Hor denn gefenn.

D`r Hütes muss weiß sei on net taubegroe,

net leis on net salzig, net moatschig on bloe.

Zu waich wöärds ä Soppe, vergölkert d`n Möä,

zu hart verdaut hä aerscht noach verze töä.

Ueh Mädle von Suhl dröm wollt üh ball mal frei,

so lernt när beizeite die Hüteskoacherei.

A Press on en Presssoack, on e Reibeise a,

Die Aerdäffel reibt me, noach ne Vürschrift gena.

A Höäsle, a Gänsle schmecke prächtig dezu,

on noach d`n Esse, ä halb Stönnle Ruh.

So a Hütes hoats in sich, mei Liedle is aus,

sonst hängt euch die Zonge goar ellelang raus.

B. Trinks aus Suhl